Neuer Klimawindkanal bei Audi

„Wind-on“ im neuen Klimawindkanal von Audi; seit Ende 2007 ist das Ingolstädter Windkanalzentrum komplett. Die Lücke, die bisher zwischen dem aeroakustischen Windkanal und dem Thermo-Windkanal bestand und die mit dem über 30 Jahre alten Klimablaskanal überbrückt wurde, ist mit einer modernen, vielseitig einsetzbaren Anlage geschlossen worden.

Das Versuchsspektrum, für das der neue Klimawindkanal konzipiert wurde, umfasst drei Aufgaben:

  • Klimatisierung des Fahrgastraumes
  • Kühlung des Motors und aller seiner Hilfsaggregate
  • Management von Regen- und Sprühwasser

Bei Bedarf ist eine Erweiterung auf Schnee möglich.

Die Anlage ist so ausgelegt, dass die Fahrt auf der Straße auch in extremem Klima realitätsnah simuliert wird, für Pkw, SUV, Sport- und Rennwagen.

Wie bei den beiden anderen Kanälen des Zentrums, so ist auch der Klimawindkanal in „Göttinger Bauform“ errichtet worden; das heißt, die Luft strömt in einem geschlossenem Kreislauf. Und die Messtrecke des Klimawindkanals ist offen; sie ist von einem großräumigen Plenum umschlossen.

An die Simulation der Umströmung werden in einem Klimawindkanal weniger strenge Anforderungen gestellt, als in einem reinen Aerodynamik-Kanal. Folglich darf der Strahlquerschnitt kleiner sein.

Aber wie klein? Aus Kostengründen natürlich so klein wie möglich. Jedoch, da gibt es Grenzen. Während es für Untersuchungen an Fahrzeugen in Standardanordnung – also Motor und Kühler vorn – genügt, nur die Strömung nur im Bereich des Vorderwagens abzubilden, reicht das für die Untersuchung des Klimas im Fahrgastraum nicht aus. Das vor allem deshalb, weil die Entlüftung im rückwärtigen Teil des Fahrzeugs erfolgt. Dafür und für Fahrzeuge mit Mittel- oder Heckmotor muss deshalb auch die Umströmung des Hecks der Realität entsprechen. Das erreicht man aber nur, wenn der Strahlquerschnitt nicht gar zu klein ist. Aus einer Reihe von Vergleichsmessungen in Windkanälen verschiedener Größe wurde abgeleitet, dass 6m2 eine gute Wahl darstellen.

Der neue Klimawindkanal weist eine Reihe von Besonderheiten auf:

  • Der große Wärmetauscher ist modular aufgebaut; je vier Kreuzstromtauscher sind in zwei hintereinander liegenden Ebenen am Ende des Diffusors angeordnet. Damit wird eine gleichmäßige Verteilung der Lufttemperatur über dem Querschnitt des Luftstrahls in der Messstrecke erzielt. Dennoch auftretende Unterschiede werden auf dem Weg durch zwei Umlenkecken bis zur Vorkammer ausgeglichen.
  • Die aus der Düse strömende Bodengrenzschicht wird vor dem Eintritt in die Messtrecke mit einem „Scoop“ abgeschnitten. Dieser Scoop ist passiv; er benötigt also kein eigenes Gebläse. Vielmehr wird die Luft „von selbst“ dadurch abgesaugt, dass der Scoop über ein weites Rohr mit der Saugseite des Windkanal-Gebläses verbunden ist. Eine darüber hinausgehende Verringerung der Bodengrenzschicht ist bei Klimawindkanälen nicht erforderlich.
  • Die Düse ist mit einem schnell schließbaren Schott ausgerüstet. Es besteht aus einer zweiflügligen Tür, die, um die Situation bei einem plötzlichen Stop („stop and go“) nachzubilden, schlagartig verschlossen werden kann. Die vom weiterlaufenden Gebläse geförderte Luft wird über zwei seitlich angeordnete Kanäle abgeleitet und dem Windkanal vor dem Gebläse wieder zugeführt.
  • Der Boden der Messstrecke ist „wasserdicht“. Das Regenwasser wird in Rinnen aufgefangen und abgeleitet.

Bleibt die Frage, wozu man im Zeitalter des Computers überhaupt noch einen solchen Windkanal benötigt? In der Tat: die Auslegung sämtlicher wärmetechnischer Systeme erfolgt mit Hilfe numerischer Verfahren. Die zahlreichen Varianten können damit gut beurteilt werden.

Dem Windkanal bleiben zwei Aufgaben:

  • Zunächst ist das rechnerische Ergebnis im Versuch zu überprüfen, und daran
  • anschließend ist es experimentell fein abzustimmen, zu optimieren.

Erst danach geht auf Versuchsfahrt. Auf die kann in keinem Fall verzichtet werden, denn letztlich muss das Klima im realen Fahralltag gefühlt werden, um es zu beurteilen.

Merkmale und Leistungsdaten des Klimawindkanals KWK

Strahlquerschnitt 6 m2
Kontraktion
6 :1
Länge der Messtrecke 10 m
Bodengrenzschicht passiver „Scoop“
maximale Windgeschwindigkeit 300 km/h
Temperaturbereich - 25 bis + 55°C
Sonnenlichtsimulation 1000 W/m2
relative Luftfeuchte bis 40 g/kg
Beregnung 2500 l/h
Antriebsleistung des Gebläses 2,4 MW
Kälteleistung 3,0 MW

Ausrüstung des Klimawindkanals

Rollenprüfstand
Allrad
Durchmesser 2 m
Umfangsgeschwindigkeit 300 km/h
Bremsleistung
500 KW
Schnellschluss-Schott  
Kraftstoffversorgung, Abgasableitung Super, Diesel, Sonder
Konditionierkammer (Soakroom) - 40 bis + 55°C

WHH 16.3.2008


 

 

 

 

 

Bild groß

Bild groß

Bild groß

     
Zurück zu AeroHome